KUNST

Die meisten meiner Arbeiten sind performative Handlungen. Einfache Dinge, die sofort stattfinden können. Oft werden die Handlungen und Situationen nur durch kurze Texte dokumentiert. Einfache Handlungen, alltägliche oder beiläufige Gesten. Leichte Verschiebungen. Spontane Sofortmaßnahmen, die in den normalen Lauf eingreifen. Eine bedeutungslose Berührung oder eine handfeste Verwicklung. Ein harmloses Wort oder eine Provokation. Es ist zu tun, was zu tun ist.

Die entstandenen analogen und digitalen Teilwerke werden in der Augmented Reality zusammengeführt, virtuelle Anteile mischen sich mit der realen Wirklichkeit. Das heißt, einzelne Arbeiten werden mittels der Augmented Reality durch Objekte, Überlagerungen oder Effekte erweitert und wieder in die reale Welt integriert. So können zum Beispiel direkt durch den Handybildschirm (mobiles AR) Elemente angezeigt werden, die sich auf die reale Umgebung legen. Dies lässt im Zusammenspiel mit Konzepten der Performativität eine Form des digitalen Storytellings entstehen.

Dabei spielen sowohl in der realen Welt als auch in der digitalen prozessorientierte Handlungen genauso eine wichtige Rolle wie Kooperation und Vernetzung. Die eigene künstlerische Praxis nehme ich dabei als Ausgangspunkt, wie ich selbst vermittelnd tätig bin (künstlerischen Vermittlung).

ES TUT MIR LEID, ABER ICH BIN NOCH AM ARBEITEN!

2021

Kunstverein Ahlen, 28. August 2021
Performance, Video, Dauer: 1.04 h

In der Innenstadt von Ahlen in der Nähe des Kirchplatzes stehe ich vor einer durchsichtigen Wand aus Linoleum und schreibe darauf mit einem Kreidemarker was ich in den letzten 24 Stunden gesehen, gelesen und gehört habe. Immer wieder überdenke und verändere ich das Gesagte, Gelesene und Gehörte. Wenn ich fertig bin, zerschneide ich die beschriebene  Wand. Ich ordne die zerschnittenen Einzelteile zu einem neuen Bild an und gehe weg.

ICH HABE DEN RASEN GEMÄHT!

2021

Gütersloh KV IN THE BOX, Kunstverein Kreis Gütersloh, 24. Juli 2021
Performance, Video, Dauer: 1.35 h

Ich stehe in einem Glaskasten und schreibe mit einem Kreidemarker auf dessen Platten – was ich in den letzten 24 Stunden gesehen, gelesen und gehört habe. Immer wieder überdenke und verändere ich das Gesagte, Gelesene und Gehörte. Wenn ich fertig bin, entferne ich das Geschriebene und gehe weg.

Fotos: Philip Sawicki

nIchts Ist nIcht nIchts

2020

Münster, 05. Juli bis 01. August
Performance, Video, Dauer: variabel

Das habe ich getan:

Ich habe den Instagram Account von deuxpiece übernommen. Jeden Abend vom 5. Juli bis zum 1. August 2020 habe ich ein Video mit scheinbar bedeutungslosen Handlungen gepostet. Das Video wurde während eines unbestimmten Momentes innerhalb desselben Tages gefilmt. Manchmal habe ich die Videos selbst aufgenommen und manchmal nicht.

Wie lange ist Gestern?

2019

Münster, 06. Juli 2019

Performance, Video, Dauer: 7.35 h

Ich zeichne kleine horizontale Linien an die Wand des Raumes. Eine Linie für jeden Tag, an dem ich bisher gelebt habe. Die kleinen Linien werden schließlich zu einer großen Linie.

Stephanie Sczepanek
im KELLER
Aegidiistraße 46/47
48143 Münster

Info:
www.im-keller.info

Turner

2018

Münster, 24. November 2018
Performance, Video, 2, 38 h

Ich stehe in einem leeren Ausstellungsraum und sage im Wechsel ICH WILL GELD; ICH BRAUCHE GELD. Nach einiger Zeit verselbstständigt sich die Aussprache der gesprochenen Worte. Ich nenne sie solange bis ich nicht mehr kann.

TANGO ARGENTINO

2018

2018, Monbijoupark, Berlin
Performance, 23. Mai 2018, Dauer: 5,34 h

Ich tanze auf der Tanzfläche durchgehend Tango Argentina. Alleine oder mit jemanden zusammen.

DUISBURG

Lehmbruck Museum

2015

Lehmbruck Museum Duisburg, Friedrich-Wilhelm-Strasse 40,
03. Oktober 2015
Performance, video, Dauer: 47 min

©Foto: Till-Julian Huss

Ich zeichne eine kontinuierliche Linie mit meinem Zeigefinger über Böden, Treppen, Menschen, Gegenstände.

Video abspielen

Videodokumentation, 18´26 min.

RECKLINGHAUSEN

Kunsthalle

2015

Kunsthalle, Recklinghausen, 2015
Große-Perdekamp-Str. 25-27
Performance, 06. Dezember, Dauer 213 min.

Ich zeichne Linien mit meinem Zeigefinger über vorgegebene Linien von Handinnenflächen, Fingern und Handgelenken. Ich finde Bilder in den Händen von Menschen, die sie nie vermuten würden.

SPEAKER´S CORNER

Münster

2014

Münster, 2014
Wolbeckerstraße, Abschnitt Kanalbrücke
Performance, Video, Dauer: 6.52 min

Ich grabe ein Loch, stecke meinen Kopf hinein und schütte das Loch mit dem Sand wieder zu, klopfe ihn mit meinen Händen fest und harre aus.

SPEAKER´S CORNER

Münster

2014

Münster, 2014
Windhorststraße, Abschnitt Speaker’s Corner I
Performance, Video, Dauer: 1.58 min

Ich gehe mit großen Schritten durch ein Becken in denen Enten schwimmen. Ich lege am anderen Ende des Beckens meine Sachen ab, gehe zurück und nehme abwechselnd meine Hände und Füße in den Mund und schaue wie weit sie hineinpassen. Dabei tauche ich immer wieder unter. Wenn ich fertig bin, gehe ich zum Beckenrand steige hinaus, nehme meine Sachen und gehe weg.

SPEAKER´S CORNER

Münster

2014

Münster, 2014
Windhorststraße, Abschnitt Speaker’s Corner II
Performance, Video, Dauer: 1.55 min

Ich krümme meine Körperteile, versuche sie zu verschränken und zu verknoten, um dann wie ein Ball über den Boden zu rollen. Ich versuche es immer wieder. Unterbreche den Vorgang um auch meine Finger und Zehen miteinander zu verharken. Und rolle erneut über den Boden.

SPEAKER´S CORNER

Münster

2014

Münster, 2014
Windhorststraße, Abschnitt Speaker’s Corner IV
Performance, Video, Dauer: 2.04 min

Ich laufe von der Strasse zum Spielplatz und fotografiere mich selbst, immer wieder, dabei Grimassen ziehend. Ich ziehe mir die Schuhe aus, lege meine Sachen ab und fange an auf dem Trampolin, das sich am Spielplatz befindet auf und ab zu hüpfen, dabei weiter Grimassen zu ziehen und Selfies von mir zu machen, auch mit den Füßen. Ich fange an zu rufen Foto…Foootttooo…Fooootttttttooooooo. Ich höre auf zu hüpfen ziehe mich wieder an, ohne den Vorgang des Fotografierens zu unterbrechen und gehe weg.

SPEAKER´S CORNER

Münster

2014

Münster, 2014
Windhorststraße, Abschnitt Speaker’s Corner IX
Performance, Video, Dauer: 2.57 min

Sie sollte ich sein. Hinrollen, so viele Zigaretten wie möglich rauchen und vorbeieilende Menschen nach Feuer fragen und sich die Zigaretten anzünden lassen. Wenn Sie fertig ist, soll sie sich zur Straße schieben lassen.

Performance

MINDSCAPES

2021

Papier, Bleistift, Buntstift, Filzstift, Kugelschreiber, Edding, seit 2017 fortlaufend
Ich lese, denke, schreibe und vernetze. Dabei entsteht mein eigenes System. Ich klappe das Papier zusammen und nehme es mit. Ich habe es dabei, wenn ich dich treffe und mit dir spreche.

GOING FOR A WALK NOW WITH MY MOM

2021

Performance, fortlaufend seit 2021
Handlungsanweisung, 2021

Wir gehen spazieren und wir reden. Erinnerungen werden gegenübergestellt, gehörtes, gesehenes und gelesenes ausgetauscht. Eigene und fremde Gedanken werden überdacht, umgedacht, umgestaltet und verhandelt. Was tust du?

heute, morgen, gestern

2020

Performance am 22. Februar als Teil von FIEL FU KUNFT von René Haustein
Dauer: 2.01 h

Galerie Januar, Bochum-Langendreer

„Ich liege auf dem Boden und rede über Probleme. Kleine, große, alte, neue. Ich starre dabei nur zur Decke, was denkst Du?“

Ich werDe mIt Ihrem gelD gut umgehen

2018

seit 2016 fortlaufende Performance unterschiedlicher Dauer,

Zuletzt unangekündigt an zufälligen Orten (Ausstellungsräume in Off-Spaces, Kunstvereine, Galerien und Museen): Bode-Museum, Berlin am 25. Mai 2018.

Ich gehe mit einem einfachen Pappschild durch Räume, Gänge und Treppenhäuser. Auf dem Pappschild steht: Ich werde mit Ihrem Geld GUT umgehen. Ich sammle Geld und entscheide später, was ich damit mache.

DANKE, DASS DU MIT MIR TEILST

2018

2018, Köln
Performance, 43 min.

Ich sitze draussen an einem Tisch in einem Café. Aus mehreren Strohhalmen bastle ich einen langen Strohhalm. Ich versuche mit dem langen Strohhalm unbemerkt aus den Getränken der Nachbartische zu trinken.

ICH BEMERKE DICH UND DU BEMERKST MICH, VIELLEICHT

2018

2018, Münster
Performance, 107 min.

Ich laufe durch den Supermarkt und nehme die Pfandflaschen aus dem Einkaufswagen. Mit den Pfandflaschen gehe ich zum Rückgabeautomaten und tausche sie um. Ich bringe den Pfandzettel zurück zu dem Einkaufswagen aus dem ich die Flaschen entnommen habe. Manche bemerken mich und andere nicht.

HAPPY HOUR

2015

Kunstakademie Münster, 2015
VART CENTER, Shanghai
WELTKUNSTZIMMER, Düsseldorf
Performance, Dauer: mehrere Stunden

Ich sitze während der gesamten Ausstellungsdauer auf meinem Stuhl und warte auf sie. Sie sitzen im genau richtigen Abstand vor mir und bekommen von mir unvergessliche Dinge aus meinem Leben berichtet. Ich rede ohne Unterbrechung in einem schnellen Takt.

münster

DomInIkanerkIrche

Münster, Dominikanerkirche, Innenraum,
2016 Performance,
Dauer: 3.5 h

Ich setze einen Fuß vor den anderen und vermesse den Kirchenraum. Ich fange bei den Kirchenwänden an. Wenn ich eine Reihe beendet habe, stelle ich den linken Fuß neben den rechten Fuß und beginne von vorn und höre erst auf, wenn ich die gesamte erreichbare Wand- und Bodenfläche der Kirche vermessen habe. Ich verrücke Stühle, klettere über Hindernisse und Menschen.

2016

telephone book

seit 2013, fortlaufende Performance
unterschiedliche Dauer
Material: Telefonbuch (Münster/Warendorf)
Iphone

Ich rufe, sämtliche im Telefonbuch eingetragenen Telefonnummern einmal an. Wenn ich die Person erreiche, sage ich ihr, dass sie aus meinem Telefonbuch gestrichen wird. Die Nummern die besetzt sind oder unbeantwortet, bleiben als un- gestrichene Lücken zurück. Die Arbeit endet mit dem letzten Namen im Telefonbuch. Das kann Wochen, Monate oder auch Jahre dauern.

ongoing

Italien, Venedig, Calle Largo XXII Marzo

2014, Münster
Performance, 17 min.

Ich laufe über den Platz mitten durch eine Gruppe von Menschen. Ich fange laut an zu singen. Ich kann nicht singen. Das was ich singe sind Fetzen von Liedern die nicht zusammen gehören. Die Menschen aus der Gruppe schauem mich an und einige singen laut mit. Wir laufen zusammen über den Platz. Am Ende des Platzes verlasse ich die Gruppe und laufe weiter.

HEMMUNGEN ÜBERWINDEN UND SICH ETWAS TRAUEN

2014-2016, Osnabrück, Münster, Braunschweig und Köln
Performance, unterschiedliche Dauer

Manchmal stehe ich an einer Straßenecke – vielleicht in Rulle – und merke, wie meine Fingerspitzen zu kribbeln anfangen. Das Gefühl breitet sich von meinen Fingern ausgehend langsam aus und erfasst meinen ganzen Körper. Ein kleiner Impuls erzeugt dann eine einfache Handlung. Das kann ein Kind sein, das an seinem Spielzeug knabbert und gedankenverloren seine Spucke auf seiner Kleidung verteilt, oder der Zucker, der leise auf den runden Tisch vor der Imbissbude rieselt.

Plötzlich ist die Handlung da, und ich merke erst später, dass meine Hände das Zuckergefäß auf dem Tisch ausschütten und ich – genauso wie das Kind sein angesabbertes Spielzeug immer wieder auf den Rahmen des Kinderwagens schlägt, um es dann wieder in den Mund zu nehmen – meine Zunge ausstrecke und den ausgeschütteten Zucker nach und nach auflecke und meine Zunge den Tisch immer und immer wieder berührt. Ohne dass ich darüber nachzudenke, was da gerade passiert. Es ist egal, wer den Tisch vorher angefasst hat oder was sonst mit ihm passiert ist. Das alles nehme ich in diesem Augenblick nicht wahr. Ich spüre nur den Drang, diese Handlung sofort auszuführen. Danach ist es, als ob nichts geschehen wäre, und es ist egal, was die anderen Menschen denken.

Es kostet Überwindung und Mut, sich zu trauen und Dinge auszuprobieren, egal wie klein oder groß sie sind. Das können einfache Dinge sein, wie eine offene Kommunikation mit Fremden oder auch der Sprung von einem 3-Meter-Brett. Ich möchte mit Ihnen in einer persönlichen Auseinandersetzung über Gespräche und über darin resultierenden Maßnahmen das Überwinden üben.

30. MAI, 14:59 UHR BIS 16:41, 5,9 KM, MÜNSTER, 56 PERSONEN

2014, Münster
Performance, 102 min.

Ich gehe zu Fuß über die Studtstraße, Finkenstraße, Heerdestraße, Kleimannstraße, Promenade, Schlossplatz, Weselerstraße, Blumenstraße, Weselerstraße, Moltkestraße, Marks-Haindorf-Stiege, Weselerstraße, Wilhelmstraße, Orleans-Ring und den Horstmarer Landweg, in Münster. Dabei stelle ich mich vor die Menschen, denen ich begegne, schaue ihnen in die Augen, berühre Einzelne und sage ihnen, was ich bei der Begegnung mit ihnen empfinde.

ENGLAND, SCARBOROUGH, NORTH BAY CLEVELAND WAY

2013, Scarborough
Performance, 2´35 min.

Ich fange an eine Sandburg zu bauen und schaue die ganze Zeit immer wieder zu einer Familie, die sich in der Nähe befindet und auch eine Sandburg baut. Es baut sich eine Konkurrenzsituation auf, die lediglich durch meine Blicke gesteuert wird. Die Familie fängt an ihre Burg schneller zu bauen. Am Ende stehe ich auf und gehe weg. Die Kinder kommen angelaufen und zertrampeln meine Burg.

CRANGE-WANNE, LUTHERKIRCHE, EVANGELISCHE KIRCHENGEMEINDE, KONFIRMATIONS-GOTTESDIENST

2013, Wanne-Eickel
Performance, 21 April 2013, 123 min.

Ich sitze auf der Bank in der Kirche und schaue auf Menschen, die den Gottesdienst mit den Geräuschen durch den Gebrauch von Handys und Fotoapperaten stören. Immer wenn eins dieser Geräusche hörbar wird, verstärke ich akkustisch ein anderes Geräusch die von Menschen in meiner Umgebung erzeugt werden und ahme es nach. Das kann ein Füßescharren, ein Niesen oder Husten sein, alles was hörbar ist.

Digitale Prozesse (AR/VR)

DUCK DUCK GOOSE

Who’s the goose? What would the goose want to see?

2022

Digitale Performance, Dauer: 45 min., 2022

Wir sitzen im Kreis und spielen ein Spiel. Ein Begriff, ein Wort oder ein Satzglied wird genannt. Sie bilden jeweils eine Assoziation zu dem Vorausgehenden. Es gibt kein bestimmtes Ende und wird beliebig fortgeführt. Gesprochene Worte werden nach dem Prinzip Zufall gegenübergestellt. Erinnerungen werden mit Fantasien verglichen, Dinge mit Konzepten, alles mit allem und am Ende bleibt das gesagte Wort. Eigene und fremde Gedanken werden im Spiel überdacht, umgedacht, umgestaltet und verhandelt.

Performer:innen:
Theresa Katharina Horlacher
Laura Mareen Lagemann
Philip Sawicki
Stephanie Sczepanek

I wouldn’t have time for

2022

5. Februar bis 30. April, online

Sandra Pulina, Stephanie Sczepanek, Il-Suk Lee

Künstlerische Arbeit wird nicht mehr allein auf den klassischen Kanälen wie dem Ausstellungsraum oder der Website präsentiert, sondern in virtuellen Räumen „diletantisch“ gedrehten live Führungen und improvisierten live Interviews zu aktuellen Themen. Die digitalen Möglichkeiten, die wie ein Provisorium begannen, wurden schnell und spielerisch von vielen Künstler:innen adaptiert. Das sonst der eigenen Reflexion gewidmete, verschlossene Atelier wurde und konnte zunehmend spontan einer interessierten Community digital zugänglich gemacht werden, Gedanken,

Ängste, Tabus, aktuelle Themen konnten unmittelbar geteilt und vermittelt werden. Der Titel der Projektidee „I wouldnt have time for“ greift genau diese Verschmelzung von Arbeit, Leben, Kunst, privatem undöffentlichen Raum auf. Was bedeutet es, keine Zeit zu haben und für was nicht? An dieser Stelle möchte das vorliegende Projekt ansetzen und den erlebten und vielfältigen Erfahrungen des Arbeitens verschiedener Künstler:innen während der eingeschränkten und gleichzeitig erweiterten Situation von Sichtbarkeit und Austausch künstlerischen Schaffens der letzten anderthalb Jahre einen Raum zur Auseinandersetzung bieten. Die Kunst setzt sich nicht erst seit dem 20. Jh. damit auseinander, dass die Wahrnehmung der Welt, die uns zumeist schlicht als gegeben erscheint, ein prozesshaftes Verhandeln ist, an dem wir selbst aktiv beteiligt sind. Sie macht diesen Prozess zugänglich und damit Wahrnehmung als eine Form des Handelns sichtbar. Ausgangspunkt der Auseinandersetzung mit den vergangenen Monaten der Corona Pandemie sind die individuellen Wahrnehmungen, Erfahrungen und Entwicklungshorizonte verschiedenster Künstler:innen die durch innovative Interview Formate festgehalten werden und unter den Aspekten unterschiedlicher Fragestellungen bearbeitet werden sollen. Wir möchten uns auf eine künstlerische Entdeckungsreise begeben und dabei den gemeinschaftlichen, künstlerischen Austausch in den Mittelpunkt stellen. Indem wir unser Schaffen und Werk auf unterschiedlichen Wegen zugänglich machen und vermitteln: Einerseits möchten wir in einer Form von visuellem Tagebuch unsere Eindrücke sammeln. Zudem möchten wir in Panels, live Interviews und Workshops, unter Einbezug von Augmented Reality (AR) im Austausch gemeinschaftlich und nachhaltig die Erfahrungen teilen und erweitern. In performativen Arbeiten werden zudem neue Zugänge und Kommunikationsformen erweitert.

Gefördert durch

Digital
Studiospace
Laboratory for
Performance

2022

5. Mai ongoing

Sandra Pulina, Stephanie Sczepanek

Gemeinsam gründeten wir (Sandra Pulina und Stephanie Sczepanek) 2022 das Digital Studiospace Laboratory for Performance (DSLP), ein virtuelles Atelier und virtueller Präsentationsraum im Metaverse der Plattform Spatial.io, das Künstler:innen ermöglicht mit digital zugeschalteten Besucher:innen zu interagieren und so gemeinsam Hybridformate in der analogen und digitalen Realität zu entwickeln. Die derzeitige digital räumliche Entwicklung wurde gefördert durch den Deutschen Künstlerbund,  Programm NEUSTART Kultur, unter der Mitarbeit der Künstler Malte Frey und Julian Reiser. Wir gehen Fragen der Zugänglichkeit von Kunst nach, ebenso von Macht und Besitzansprüchen im digitalen Raum. 
 
Kommunikation findet heute primär im digitalen Raum statt. In den vergangenen Jahren hat sich unsere Wahrnehmung dahingehend entwickelt in sekundenschnelle Bild- oder Textinformationen zu verarbeiten und diese für relevant oder redundant zu bewerten. Das Digitale hat auch die künstlerische Produktion und Rezeption beeinflusst. Das Besondere an der Kunst ist ihre seismographische Eigenschaft Tendenzen und Entwicklungen zu erkennen, noch bevor diese greifbar oder formulierbar werden. Davon ist der digitale Bereich nicht ausgenommen. Künstler:innen sind seit der Erfindung der Fotografie Pioniere im neudefininieren von Nutzen, Einsatz und Bedeutung neu entwickelter Techniken und Medien. An der Relevanz der praktischen sowie theoretischen Auseinandersetzung von Kommunikationsprozessen in digital geprägten Kunstprozessen setzt das DSLP an und verknüpft Positionen aus Kunst und Realität zu einem Arbeitsnetzwerk. 
Wer erschafft und herrscht über digitale Räume und wie können künstlerische Handlungen, virtuelle Räume zurück gewinnen? Wir bauen uns mit unseren eigenen virtuellen Räumen in bereits bestehenden Formaten ein und schaffen einen „Digital Studiospace“  der es einer Community von Künstler:innen und Interessierten ermöglicht, vermeintlich gesetzte Formate und Wahrnehmungen des digitalen Raums neu zu erfahren und zu hinterfragen. Wir sind eines der ersten Künstler:Innen Kollektive, die diese Fragen nach Macht- und Raumdiskursen im virtuellen Raum durch künstlerisch kooperativen Handlungen nachgehen. Die erste Kooperation entstand mit den Künstlern Malte Frey und Julian Reiser. Deren virtueller Ausstellungsraum für das Metaverse der Plattform spatial.io adaptiert wurde. Gemeinsam haben wir den Raum zu einem virtuellen Atelier weiterentwickelt und die erste DSLP Front Gallery im spatial.io implantiert, das als Plattform dient, performative Handlungen und Prozesse zu erarbeiten. Dabei wird jede künstlerische Setzung und die Begegnung mit dieser in den virtuellen Raum – dem Digital Studiospace Laboratory for Performance übertragen. Performances, Ausstellungen, Führungen, Lectures und andere virtuelle Formate werden in diesem Raum zugänglich und erfahrbar gemacht.

Gefördert durch

Mixed media

fahnen reInszenIert

ongoing

1988 -1992 / FORTLAUFEND
Zeichnungen

Ich hörte das Hupen und Schreien als ich an meinem kleinen weißen Kindertisch saß mit dem Wachsmalstift in der Hand. Ich lief zum Fenster und sah hinaus. Der Stift in meiner Hand wurde warm, den als ich auf meine Hand starrte war sie ganz gelb. Unten auf der Straße fuhren viele Autos hupend hintereinander her. Einige lehnten sich aus den Fenstern und schwenkten Fahnen. Ich kannte diese Fahne. Sie zeigte die Farben Schwarz, Rot und Gelb. Ich hatte sie gemalt. Bald waren die Schreie und hupenden Autos nicht mehr zu hören und die Straße war wieder leer. Ich ging zu meinem Tisch und setzte mich wieder auf den Stuhl. Ich sah auf mein Blatt Papier und dann zu den bröckelnden Wachsmalstift in mein- er Hand und malte weiter. In die Mitte des weißen Papieres malte ich mit gelb einen Fleck der aussah wie eine Hand deren ausgestreckter Zeigefinger nach rechts oben zeigt. Auf dem Papier gab es schon zwei grüne Zweige direkt darunter. Ich malte gerade die Flagge Zyperns

Es war ein Sonntag und der 8. Juli 1990. Deutschland ist an diesem Abend Fußballweltmeister geworden. Das ist meine erste bewusste Erinnerung aus meiner Kindheit. Meine Schwester sagte mir ich habe wohl 1988 angefangen die Flaggen aus ihrem Lexikon abzumalen. Ganz genau kann sie sich aber nicht mehr erinnern. Bis 1992 malte ich alle Flaggen aus diesem Lexikon ab. 203 Flaggen: unabhängige Länder, abhängige Gebiete, Länder die welche sein wollten, aber keine waren und Flaggen von Ländern die es heute nicht mehr gibt. Genauso wie meine gemalten Flaggen. Sie verschwanden 2003 als meine Eltern in eine andere Wohnung gezogen sind. Seit dem 28. April 2018 male ich sie neu. Ich male sie wieder von dem alten Lexikon meiner Schwester ab mit Wachsmalstiften auf weißem DIN A4 Papier. Komm mich besuchen und Du darfst dir eine aussuchen.

Du kennst mIch nIcht unD Ich kenne DIch vIelleIcht nIcht, aber ...

ongoing

seit 2015, fortlaufend
Text auf Postkarte, 10.5 x 14.8 cm (Auswahl: 7 von 771)

Ich schreibe Menschen, die ich nicht kenne, eine Postkarte mit einer Erzählung aus meinem Leben.

„Wenn meine Oma mit erstickter Stimme von meinem Onkel erzählte, nannte sie immer Puc- ki, den Dackel meines Onkels. Er wäre auch ertrunken, zusammen mit Helmut. Das stimmt aber nicht, der Dackel ist weggelaufen.“

marlIes (auswahl)

2012-2013

Material: Fotos, Texte, Edding

Ich fand in einem Schrank die Polaroids meiner Mutter. Mein Vater versteckte sie. Meine Mutter wollte keine mehr sehen. Ich sortierte sie und führte Gespräche mit ihr über die Polaroids und ihr Leben. Danach schrieb sie unter die Fotos die Erzählungen nieder. Sie hat kaum Kraft zu schreiben.

Kollaboration

Very Hart Times

seit 2021

Mit Angel, Claire, Jason, Fin, Ferdinand, Patrique, Paolo, Sasha und Mariëlle

Very Hart Times ist eine experimentelle und satirisch überspitzte, in der Kunstwelt verortete Web-Novela, die neben der Egozentrik der Protagonist:innen eine Beleuchtung des Kulturbetriebs zum Thema hat. Very Hart Times skizziert eine kritische Generation, die unfähig ist Gegenvorschläge zu formulieren, sich gänzlich auf sich selbst fokussiert.

https://www.very-hart-times.com

BÜHNENARBEIT 11 12 13 et al

2021

Künstlerische Leitung/Konzept/Co-Autor: Manuel Talarico 
Co-Autorin: Franziska Jürgens
Mentorin/Co-Autorin: Bernice Lysania Ekoula Akouala & Stephanie Sczepanek 
Mentorin/Choreografie: Eng Kai Er

11 12 13 et al arbeitet mit vielperspektivischem Erzählen, multidirektionaler Geschichte und Biografie. Wie erzählen wir die eigene Biografie, was sind Deine Geschichten, was sollen unsere Geschichten sein?

Dieses Recherche- und Schreibprojekt startete aus einer gewissen Ratlosigkeit heraus, ob die künstlerische Praxis der Aneignung und des Remix möglicherweise einer verinnerlichten Konsumhaltung entspringt, die – unbewusst vielleicht – nicht einmal Halt macht vor Schicksalen, Biografien und Kulturpraktiken anderer? Was macht das mit den Konsumenten, mit den Konsumierten?

Du musst um nIchts kämpfen was freIwIllIg kommt bleIbt auch unD alles anDere geht sowIeso

(zusammen mIt Laura Mareen Lagemann)

2018

Münster, 2.-4. Februar 2018
Performance, Dauer: 3 Tage, 20-30 min

Wir sitzen in einem Auto. Die Rückbank ist leer und die Beifahrertür ist geöffnet. Wir warten bis jemand in das Auto einsteigt und die Tür schliesst. Eine von uns fährt los und die andere dreht sich um und schaut die Person für längere Zeit an ohne zu sprechen. Sie klettert zwischen den Vordersitzen auf die Rückbank und setzt sich nah an die Autotür, mit größtmöglichen Abstand zu der Person, die neben ihr sitzt. Sie rückt näher zur Person, bis sie nicht mehr weiter rücken kann. Jeder entscheidet für sich wie nah man einander kommt. Nach kurzer Zeit stoppt das Auto und fährt rückwärts. Je weiter das Auto rückwärts fährt, desto mehr entfernt man sich von der Person. Während der Fahrt wird die Tür geöffnet und man steigt aus und geht weg.

wIr lIeben es neben Der person zu schlafen DIe wIr lIeben

2017

(zusammen mit Laura Mareen Lagemann)

OPEN HOUSE SPEICHER II / ATELIER 1.7
Münster, 2017
zwei Performances, eine mit dem Material: Spiegelglas und sieben Stäben aus Metall und Holz, in chronologischer Reihenfolge

Maße:
Stäbe: 2-7 m
Spiegelglas: 1 x 1 m

Dauer: 3 Tage, 20-30 min

Ich ziehe sieben unterschiedliche Stangen von der einen Seite des Raumes, durch meine Kleindung, an meiner Haut entlang, zur anderen Seite des Raumes, dem Betrachter entgegen.

Das beste mIttel sIch selbst kennenzulernen, Ist Der versuch, anDere zu verstehen

2017

(zusammen mit Laura Mareen Lagemann)

SPEICHER II, Münster, 2017

Ich zeichne eine Linie mit meinem Auge, das andere bleibt geschlossen. Ich knie auf dem Boden und halte eine Glasscheibe vor meinen Körper. Ich schaue hindurch und umrande mit meinem Auge Menschen die in den Raum eintreten.

wer nIcht fragt wIrD nIcht gesehen

2016

(zusammen mit Laura Mareen Lagemann)

EMSCHERKUNST Dortmund,
2016 Performance, Dauer: 28 Tage

In jeder dritten Woche während der vier Ausstellungsmonate der Emscherkunst waren wir immer gemeinsam 24/7 im Unionviertel in Dortmund unterwegs (Termine: 20.–26. Juni, 18.–24. Juli, 15.–21. August und 12.–18. September). Dabei begegneten wir Menschen, sprachen diese an und lernten sie kennen. Mit Hilfe von Peilsendern wurde unser aktueller Aufenthaltsort auf der Internetseite www.wer-nicht-fragt-wird- nicht-gesehen.de (deaktiviert, da Aktion abgeschlossen) angezeigt. Jede unserer Bewegungen war somit öffentlich, unsere Spur durch das Viertel konnte von Jedem verfolgt werden und Jeder konnte uns aufsuchen. Wir wurden mitgenommen und gefunden und wurden im Viertel aktiv wahrgenommen. Je nach Situation haben Gespräche, spontane Aktionen oder performative Interventionen stattgefunden die unterschiedlich lang dauerten – von wenigen Minuten bis zu Tagen. Während dieser Performance, die uns dazu bewegte uns auf fremde Menschen einzulassen, die uns in ihr Leben liessen, fiel uns auf wie unerwartet Intimität entstehen kann, wenn man für eine gewisse Zeit nur existiert um für Jemanden da zu sein. Wir wurden zum Geburtstag eingeladen, kauften im Namen des Sohnes Geschenke für die Mutter, waren dabei, als sich Jemand durch uns motiviert dazu traute, seine Freundin zu verlassen und gruben mit einem Rentnerpaar ihren Garten um, tauschten geschenktes Sexspielzeug eines ORION-Ladens auf dem Rewe-Parkplatz gegen Geheimnisse, schliefen im Schaufenster eines Ladens und wurden zu momenthaft wichtigsten Bezugspersonen. Es folgten unzählige Momente mit Menschen, die wussten, dass sie unsere Gesellschaft, Unterstützung und Zuneigung zu jeder Zeit in Anspruch nehmen konnten. Und das nur, weil wir uns durch die Aktion einen Zeitraum setzten, indem wir nichts anderes taten als das. Wir waren abhängig von einem unbekannten Umfeld, das uns mal Schlafplatz und Wohlwollen bot und mal nicht.

kunst unD currywurst

(zusammen mit FabIan Nehm)

2016

Westpark Dortmund, 2016
Performance am 22. Juli 2016
als Teil der EMSCHERKUNST 2016

ArtistRunSpace von Charlotte Frevel und Fridolin Mestwerdt

Currywurst und Kunst? Das geht! Zwei Ruhrpottler räumen auf! Die Eine hat jahrelange Erfahrung am Grill auf Schalke, der Andere macht den ersten Platz beim Kronen Wintergrillen klar!

Wer, wenn nicht sie können die Currywurst in die Kunst bringen!

aI!aI!aI!

(together with Manuel TalarIco)

2011

Wewerka Pavillion, Münster
Aktion vom 6. April bis 8. Mai 2011

Unweit des ALLWETTERZOOS in Münster, direkt am Aasee gelegen, eröffnet für die Dauer von fünf Wochen ein privat betriebenes Zebrareservat. Nach Petra, dem schwarzen Schwan, wird „Gasasoo“ die Attraktion am Aasee bei Jung und Alt im Münsterland.

Die Kinder werden sich die Nasen an den Scheiben plattdrücken, die Eltern sich verwundert am Kopf kratzen. Einige werden es direkt bemerken, für andere bleibt es eine flüchtige Notiz. Wir präsentieren nicht den Wolf im Schafspelz, sondern den Esel im paramilitärischen Camouflage.
Die Nachricht ging 2009 um die Welt: Im Zoo von Gaza malte man zwei weißen Eseln Zebrastreifen auf, da die echten Zebras bei einem Luftangriff umkamen und man neue Tiere nicht einführen konnte. Doch passend zum Ende des Fastenmonats konnte man so den Kindern in der zerstörten Region eine kleine Freude machen. Durch eine einfache Geste rücken wir diesen aus komplexen historischen und politischen Zusammenhängen erwachsenen Kollateralschaden in das Bewußtsein des beschaulichen Münsters. Diese Geschichte ist so skurril, dass sie nur das Leben schreiben konnte. Und weil sie schön, und doch auch doppelbödig ist, möchten wir sie in der Wohlfühlstadt Münster nacherzählen.

Zwei Esel, Make-up, zwei Ställe (3300 x 3300 x 2000 cm), Weidezäune, Misthaufen
Fünf Wochen waren wir Hüter, Pfleger, Freunde der zwei weißen Eseldamen Meika und Sissi. In der Zeit wohnten wir mit den Tieren im Ausstellungsraum (Text: Manuel Talarico).